Ein Interview mit der German International School Boston zu ihren Bauvorhaben
Die German International School Boston steht vor einer großen Herausforderung: Der Platz in den bisherigen Räumlichkeiten wird knapp. Um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden, hat die Schule ein Erweiterungsprojekt gestartet. In diesem Artikel erfährst du, wie die Schule ihre Pläne umsetzt, welche Hürden sie meistern muss und wie die gesamte Schulgemeinschaft in den Prozess eingebunden wird.
Eure Räumlichkeiten mitten in Boston sind zu klein geworden. Wie seid ihr bei der Suche nach mehr Platz vorgegangen?
Vor sieben bis acht Jahren haben wir angefangen, über eine Erweiterung nachzudenken. Seitdem haben wir viel recherchiert, überlegt, verworfen und neu konzipiert. Wir lernen und arbeiten aktuell in einem gemieteten Gebäude, das gerade so reicht und nur wenig Spielraum zum Wachsen bietet. Trotzdem bleiben wir am gleichen Ort, passen unsere Konzepte den Räumen an.
Wir mieten ein weiteres Gebäude vom gleichen Vermieter an, das ähnlich aussieht wie unser bisheriges Gebäude. Beide Häuser wurden in den 1920er Jahren von der gleichen Firma gebaut. Wir können nicht alles umsetzen, was wir uns wünschen, aber wir bleiben zentral und gut angebunden. Ab Sommer 2025 nutzt dann allein die Sekundarstufe unser bisheriges Gebäude in der Holton Street. Der Kindergarten mit Vor- und Grundschule zieht gemeinsam in das neu angemietete Gebäude in der Belmont Street.
Wir haben uns für diesen Weg entschieden, nachdem wir alles genau analysiert haben. Viele unserer Familien leben in der Nähe der Schule. Wir können es uns nicht leisten, neu anzufangen. Denn ein Umzug in die Randgebiete hätte viele Abmeldungen gegeben. So wussten wir, in welchem Gebiet wir einen neuen Standort brauchen.
Welche Pläne habt ihr und wo steht ihr gerade?
Wir machen gerade die Baupläne fertig. Wir hoffen, dass wir im Januar 2025 mit der 6-monatigen Bauphase anfangen können. Wir sind so optimistisch, weil wir ein gutes Team haben. Das Auswärtige Amt hat uns geraten, einen Experten für Schulbau hinzuzuziehen. Das ist besonders wichtig, wenn wir Fördergelder aus Deutschland bekommen wollen.
Wir haben uns für Daniel Fleer von gpe Projekt entschieden. Daniel hat alle Fragen, für die ich ein Jahr lang recherchiert habe, in den ersten 30 Minuten beantwortet. Das hat gezeigt: Ein Experte kostet zwar Geld, doch so machen wir weniger Fehler und es spart uns eine Menge Zeit und Ressourcen, die wir an anderer Stelle besser einsetzen können. Deswegen erstellt die Pläne das Architekturbüro von Daniel.
Eine amerikanische Firma übernimmt die Bauanträge und ist mit einem Bauleiter für die Umsetzung vor Ort zuständig.
Wie habt ihr die Schulgemeinschaft in die Entscheidung eingebunden und wie haltet ihr sie auf dem Laufenden?
Wir haben ein Komitee für den Umbau. Darin sind Vertreter des Vorstands, des Konsulats, der Schulleitung und der Verwaltung. Wir haben uns von Anfang an viele Gedanken über die Kommunikation gemacht. Unsere Schulgemeinschaft ist sehr aktiv und alle wollen das Beste für die Schule und gleichzeitig kann man nicht mit 700 Menschen jedes Detail abstimmen.
Wir wollen, dass alle an der Schule immer auf dem gleichen Stand sind, was den Bau betrifft. Ich habe aus früheren Bauprojekten gelernt, dass es gut ist, wenn es einen Ort gibt, an dem alle Informationen zusammenlaufen. Wir haben schnell eine Webseite zum Campusumbau gemacht. Dort findet man eine Zeitleiste, Berichte und Interviews. Der Vorstand informiert auch auf Mitgliederversammlungen und Elternabenden. Wir vom Komitee sind auch jederzeit für Fragen da. Die Mitarbeiter können in einer google Form Ideen und Anmerkungen geben.
Wir arbeiten gerade an einem Zukunftsraum, damit man das neue Raumgefühl schon vor dem Umzug erleben kann. Dort gibt es dann Visualisierungen der neuen Räumlichkeiten. So kann man sich schon jetzt vorstellen, wie unsere neue, alte Schule aussehen wird.
Auch die Nachbarn in der Belmont Street gehören nun zur Schulgemeinschaft. Wir haben ihnen eine Postkarte geschickt, damit sie wissen, was bei uns im Gebäude passiert.
Wer ist wie in den Bauprozess eingebunden?
Unser Kernteam aus der Vorsitzenden des Bauausschusses, dem Schulleiter, der stellvertretenden Schulleitung und mir, der Verwaltungsleiterin, hat den Überblick und arbeitet eng mit dem Komitee und den restlichen Vorstandsmitgliedern zusammen. Daniel Fleer hilft uns, alles zu sortieren und zeigt uns, was als Nächstes zu tun ist. Ohne ihn würden wir das auch hinbekommen, nur nicht so schnell und gut.
Je nach Planungsphase holen wir weitere Menschen dazu. Dabei ist es wichtig, dass wir unsere Rollen kennen. Die Finanzleiterin ist für die Finanzen zuständig, die Schulleitung trifft pädagogische Entscheidungen und so weiter. Wir besprechen die Planungen mit den verschiedenen Gruppen und passen sie gegebenenfalls an.
Ein gutes Beispiel ist die Cafeteria: Die Planungen sahen gut aus. Nach einem langen Gespräch mit den Mitarbeitern aus der Kantine wussten wir, dass die Laufwege der Kinder mit Essensausgabe und Abgabe der Tabletts zu Stoßzeiten nicht funktionieren würden. Wir haben den Architekten angerufen und die Pläne geändert. Für den Freizeitbereich überlegen wir Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler miteinzubeziehen. Das dauert zwar länger als eine Top-Down-Entscheidung des Vorstands. Doch uns ist es wichtig, dass alle mitentscheiden können.
Wie behaltet ihr den Überblick über den Baufortschritt und die weiteren To Dos?
Das Kernteam trifft sich einmal in der Woche, das Bau-Komitee und der Vorstand einmal im Monat. Ich spreche phasenweise täglich mit Daniel, entweder am Telefon oder im Büro, wenn er vor Ort ist.
Am Anfang haben wir ein tolles Programm benutzt, um einen Projektplan zu erstellen. Das hat aber nicht gut funktioniert. Jetzt haben wir ein gutes Cloud-Dokument für das Komitee. Dort schreiben wir unsere Protokolle. Auf jedem Protokoll stehen zehn Aufgaben. Wir verteilen sie und notieren, wer sie bis wann erledigt. Außerdem gibt es Ziele für jedes Quartal.
Am wichtigsten ist, dass jeder weiß, was er zu tun hat und für welchen Bereich er verantwortlich ist. Wir vertrauen darauf, dass wir alle das Beste für die Schule wollen und die meisten Kompetenzen in unserem Bereich haben.
Was habt ihr bis jetzt schon gelernt? Was würdet ihr anders machen?
Wir haben zu lange gebraucht, um an den Punkt zu kommen so effektiv zusammenzuarbeiten. Wir hatten einfach keinen Überblick, keine Anleitung, kein Best Practice.
Ich habe zum Beispiel mit dem Vorstand und dem Auswärtigen Amt telefoniert. Das Ergebnis: 80 Seiten Bauvorschriften. Wir haben versucht uns einzulesen, nur um am Ende zu merken, dass wir bestimmt 1,5-2 Jahre verloren haben, weil wir dachten, es allein schaffen zu müssen. Daniel hat da bei uns einen Knoten platzen lassen und uns wieder auf Schiene gesetzt.
Er kennt alle wichtigen Leute und zeigt uns, wie es geht. Seit April 2023 arbeiten wir nun mit ihm zusammen. Seit Dezember 2023 haben wir das neue Gebäude gemietet und in den letzten acht Monaten die Strukturen aufgebaut.
Wenn wir uns früher besser aufgestellt, die Rollen klarer verteilt und einen Fachmann hinzugezogen hätten, hätten wir weniger Zeitdruck bei den konkreten Planungen gehabt. Gut, dass wir jetzt die fachliche Expertise an unserer Seite haben und wir nicht mehr, wie hier ein Sprichwort lautet, während des Flugs ein Flugzeug bauen (müssen) – building a plane while we are flying it.
Vielen Dank für das Gespräch, Tina! Wir wünschen euch eine gelingende Bauphase und ein lebendiges Schulleben in den neuen Räumlichkeiten.
Über unsere Gesprächspartnerin: Tina Haarbusch ist Verwaltungsleiterin der German International School Boston und hat jahrelange Erfahrung im deutschen Auslandsschulwesen. Vor ihrer Zeit in Boston war sie bereits in Addis Abeba, Äthiopien und Minnesota, USA tätig.
Mehr zum aktuellen Stand der Bauvorhaben findest du unter www.gisbos.org/en/campus-expansion/
Katharina arbeitet seit vielen Jahren kontinuierlich an der praktischen Umsetzung und der unterstützenden Optimierung von Corporate Identity- und Corporate Design-Konzepten in der institutionellen Kommunikationsarbeit im Bildungsbereich.